Als literaturgeschichtlichen Schlusspunkt der Beschäftigung mit Grabstätten und Denkmälern, die den Tätigkeitsschwerpunt des Jahres 2004 bildete, legt der Adalbert Stifter Verein ein Buch über Ruhestätten deutschsprachiger Dichter aus Böhmen und Mähren vor. Die oft gestellte Frage, wo ein Autor eigentlich begraben sei, sollte nicht nur beantwortet, sondern auch um Grabfotos, Todesanzeigen, Nachrufe und literarische Darstellungen ergänzt werden. Entstanden ist ein Band der die Grabstätten von 30 Autoren des 20. Jahrhunderts zeigt. Emigration, Flucht, Verfolgung und Vertreibung waren fast für alle von ihnen einschneidende Erfahrungen, wenn auch zu verschiedenen Zeiten und aus verschiedenen Gründen. Nur wenige wurden in ihrem Geburtsland begraben. Die meisten fanden ihre „letzte Heimat“ anderswo. Einige Grabstätten sind unbekannt: Alma Johanna Koenig wurde in Wien verhaftet und nach Minsk in Weißrussland deportiert, Erna Haberzettl in einem Massengrab für Bombenopfer bestattet.
Der Auswahl der Autoren, die keiner Gruppe verpflichtet ist, sondern einen Querschnitt bekannter und weniger bekannter Namen bieten will, liegt folgende Überlegung zugrunde: In Darstellungen der deutschsprachigen Literatur Böhmens werden oft Grenzlinien gezeichnet, deren Verhängnisvolle Verschärfung die politische Polarisierung der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts bewirkte. Hatten sich bis zu diesen Jahren nationale und politische Gegensätze halbwegs im Gleichgewicht gehalten, so erhielt die Entwicklung unter dem Außenpolitischen Druck des Nationalsozialismus und den innenpolitischen Folgen der Wirtschaftskrise eine Dynamik, die alle bisherigen Gegensätze zu Bagatellen machte.