Buchvorstellung
Franz Kafka lesen

Ines Koeltzsch und Veronika Jičínská präsentieren ihre Bücher über die Rezeption Franz Kafkas vor und nach seinem Tod.
Praktisch zeitgleich sind im Jahr 2024 zwei Publikationen erschienen, die sich mit den Reaktionen auf das Werk von Franz Kafka beschäftigen. Ines Koeltzsch untersucht in Vor dem Weltruhm. Nachrufe auf Franz Kafka und die Entstehung literarischer Unsterblichkeit, woher der posthume Ruhm des zu Lebzeiten nur mäßig bekannten Schriftstellers kam. Sie zeigt, wie das Gedenken an ihn von einer Erinnerungsgemeinschaft zwischen Prag, Wien, Berlin und München getragen wurde. Auch später im Exil sorgte diese dafür, dass der Schriftsteller lebendig blieb. Veronika Jičínská und Michal Topor versammeln in Čtení o Franzi Kafkovi. Trajektorie rozumění (1913–1968) (Franz-Kafka-Lektüren. Wege des Verstehens) Texte von Autorinnen und Autoren, die in einer bestimmten Phase ihrer Laufbahn mit dem kulturellen Raum der böhmischen Länder verbunden waren. Die Anthologie beginnt in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg, zeigt die Auseinandersetzung mit den ersten posthumen Ausgaben und die Nachkriegsbetrachtungen zu Kafkas Werk. Ein besonderes Augenmerk gilt der Rezeption der tschechischen Übersetzungen von Kafka sowie der vorübergehenden Rückkehr der Debatten über ihn in den 1960er Jahren.
Beide Autorinnen stellen ihre Publikationen vor und diskutieren über die Entwicklung der Rezeption von Kafka, mit Blick auf den historischen, regionalen und politischen Kontext.
Den Abend moderiert Niels Beintker.
Ines Koeltzsch ist Historikerin und Germanistin und arbeitet derzeit am Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien und als Lehrbeauftragte am Jewish Studies Program der CEU Vienna. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Kultur- und Sozialgeschichte Zentraleuropas des 19. und 20. Jahrhunderts, insbesondere die Geschichte der jüdisch-nichtjüdischen Beziehungen, von Migration und Flucht sowie kultureller Übersetzungsprozesse. Sie ist unter anderem Autorin des Buchs Geteilte Kulturen. Eine Geschichte der tschechisch-jüdisch-deutschen Beziehungen in Prag 1918–1938 (2012) und Co-Autorin des von Kateřina Čapková und Hillel J. Kieval herausgegebenen Bandes Zwischen Prag und Nikolsburg. Jüdisches Leben in den böhmischen Ländern (2020).
Veronika Jičínská ist Germanistin und arbeitet am Institut für Germanistik der Philosophischen Fakultät der Jan-Evangelista-Purkyně-Universität in Aussig/Ústí nad Labem. Zu ihren wissenschaftlichen Schwerpunkten gehört die Forschung zur deutschen und österreichischen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts und zur Prager deutschen Literatur. Ihr aktuelles Projekt beschäftigt sich mit weiblichem Schreiben im Prag des Fin-de-Siècle. Sie ist Autorin des Buches ‚Reine Sprache‘/Übersetzungssprache. Die Neuordnung des semiotischen Raumes im Werk deutschjüdischer Schriftsteller und Intellektueller (Hugo von Hofmannsthal, Fritz Mauthner, Walter Benjamin und Franz Kafka), das demnächst im Thelem Verlag erscheint.
Eine Veranstaltung des Adalbert Stifter Vereins – Kulturinstitut für die böhmischen Länder und des Collegium Carolinum – Forschungsinstitut für die Geschichte Tschechiens und der Slowakei.