Lesung und Gespräch

Nie wieder ist jetzt! Erzählen statt Schweigen

Ein Bild mit sechs Porträts von Personen, drei davon in Schwarz-Weiß und drei in Farbe, die verschiedene Gesichter und Ausdrücke zeigen.

Der Abend mit aktueller deutscher und tschechischer Literatur widmet sich dem Ende des Zweiten Weltkriegs, der sich heuer zum 80. Mal jährt. Im Rahmen des Deutsch-Tschechischen Autorentreffens lesen Eli Beneš, Alice Horáčková, Štěpán Kučera, Annegret Liepold, Fridolin Schley und Dana von Suffrin

Zwischen dem 23. und 25. September sind drei bayerische und drei tschechische Schriftstellerinnen und Schriftsteller in Sulzbach-Rosenberg beim bereits dritten deutsch-tschechischen Netzwerktreffen zu Gast. Im Hinblick auf den Zweiten Weltkrieg gehören sie der Enkelgeneration an und aus dieser Perspektive setzen sie sich literarisch in ihren Werken mit Familiengeschichten und mit historischen Stoffen dieser Zeitspanne auseinander. Dabei spielt die Rückschau auf die Zeit des Nationalsozialismus und deren Folgen für Europa ebenso eine Rolle wie die Auswirkungen bis in die jüngste Gegenwart.

In der Abendveranstaltung lesen sie aus ihren Texten und diskutieren über aktuelle Entwicklungen in Deutschland und in Tschechien sowie über die Rolle der Literatur in einer Zeit, in der demokratische Werte immer vehementer verteidigt werden müssen. Die Moderation übernehmen Zuzana Jürgens (Adalbert Stifter Verein – Kulturinstitut für die böhmischen Länder) und Michala Čičváková (Tschechisches Literaturzentrum).

Eli Beneš, geboren 1976 in Prag, studierte Anglistik, Amerikanistik und Bohemistik an der Philosophischen Fakultät der Karls-Universität Prag sowie Journalistik an der dortigen Fakultät für Sozialwissenschaften. Er arbeitete als Moderator bei Radio 1, gründete ein Label für elektronische Musik und komponierte selbst. Als Redakteur war er für diverse Zeitungen tätig, aktuell arbeitet er für das Portal seznam.cz. In seinem Debütroman Nepatrná ztráta osamělosti (Unmerklicher Verlust der Einsamkeit, 2023, deutsch in Übersetzung von Raija Hauck 2025) wartet ein aus dem Konzentrationslager zurückgekehrter Junge in Prag vergeblich auf die Rückkehr seiner Familie und muss mit seinem Trauma und der neuen Nachkriegsrealität allein zurechtkommen. Seiner deutsch-jüdischen Freundin folgend, begibt er sich schließlich auf eine nicht ungefährliche Flucht nach Palästina. Der Roman wurde mit dem tschechischen Magnesia-Litera-Preis als Debüt des Jahres ausgezeichnet.

Alice Horáčková, geboren 1980 in Prag, absolvierte Journalistik an der Fakultät für Sozialwissenschaften an der Karls-Universität Prag und arbeitet als freiberufliche Journalistin und Autorin. Der Roman Rozpůlený dům (Geteiltes Haus, 2022, deutsch in Übersetzung von Sophia Marzolff 2026) ist ihr zweites belletristisches Buch, ein vielstimmiger Familienroman, in den sie Familiengeschichten, Erinnerungen und Archivdokumente einfließen lässt. Ein Roman, der die Lebenswelt eines Dorfes im Riesengebirge vor und während des Zweiten Weltkriegs schildert und die Unzulänglichkeit der nationalen Zuweisungen angesichts der Anforderungen, die das Leben an die Menschen stellt, eindeutig vor Augen führt. 2024 erhielt sie das Förderstipendium des Mörike-Preises.

Štěpán Kučera, geboren 1985 in Gablonz an der Neiße/Jablonec nad Nisou, studierte Journalistik und Medienwissenschaften an der Karls-Universität in Prag und arbeitet als Redakteur der Literaturbeilage Salon der Tageszeitung Právo. Als Autor ist er außerordentlich vielseitig, so hat er mehrere Erzählbände veröffentlicht, darunter Jidáš byl ufon… a jiné příběhy (Judas war ein Ufo … und andere Geschichten, 2016). Als Mitherausgeber und Mitautor wirkte er an der tschechisch-polnischen Anthologie Z obou břehů/Z obu brzegów (Von beiden Ufern aus, 2023) mit. In seinem Buch Gablonz/Jablonec (2022, deutsch in Übersetzung von Mirko Kraetsch) blättert er in der Chronik seiner Heimatstadt zwischen 1900 und 2020 und entwirft ein lebendiges, sensibles und originelles Porträt dieser bis 1945 multikulturellen und zweisprachigen Stadt.

Annegret Liepold, geboren 1990 in Nürnberg, studierte Komparatistik und Politikwissenschaften in München und Paris. In ihrem Debütroman Unter Grund (2025) schreibt sie über eine Jugend auf dem Land zwischen Sehnsucht nach Zugehörigkeit und radikaler Wut, über das Abdriften einer jungen Frau in rechtsradikale Kreise und die blinden Flecken in der eigenen Familiengeschichte. Für die Arbeit an diesem Roman erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen, u.a. das Literaturstipendium der Stadt München. 2022 war sie Finalistin des Open Mike. Aktuell arbeitet sie für die Bayerische Akademie des Schreibens am Literaturhaus München.

Fridolin Schley, geboren 1976 in München, studierte Dokumentarfilm und Fernsehpublizistik an der Hochschule für Fernsehen und Film in München sowie Germanistik, Philosophie und Politik in München und Berlin. Er promovierte über das Essaywerk von W. G. Sebald. Auf den Roman Verloren, mein Vater (2001) folgten weitere literarische und publizistische Veröffentlichungen, zuletzt der Roman Die Verteidigung (2021) über die Nürnberger Prozesse und dabei die Rolle der Familie von Weizsäcker. Fridolin Schley erhielt mehrere Auszeichnungen, darunter den Tukan-Preis und den Franz-Hessel-Preis. Aktuell leitet er den Bereich Literatur und Preise am Kulturreferat der Landeshauptstadt München.

Dana von Suffrin, geboren 1985 in München, studierte Politikwissenschaft, Jüdische Geschichte und Kultur sowie Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft in München, Neapel und Jerusalem. 2017 promovierte sie zur Rolle von Wissenschaft und Ideologie im frühen Zionismus. Ihr Debütroman Otto (2019) wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. dem Bayerischen Kunstförderpreises. Ihr Roman Nochmal von vorne (2024) knüpft an ihr Debüt an und erzählt über modernes jüdisches Leben zwischen München und Tel Aviv. Dana von Suffrin ist außerdem Hörspiel-Autorin und Herausgeberin der Anthologie Wir schon wieder: 16 jüdische Erzählungen, die auch als Reaktion auf das Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023 entstand.

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Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg, Rosenberger Straße 9, Sulzbach-Rosenberg

Eintritt: 10 € / ermäßigt 7 €; VVK über nt-ticket.de