Im Jahr 2024 jährt sich zum hundertsten Mal der Todestag von Franz Kafka, dem Prager deutschsprachigen Schriftsteller jüdischer Herkunft, der am 3. Juni 1924 in der österreichischen Heilanstalt Kierling starb. Damals noch nicht annähernd so bekannt wie heute, wo seine Texte in viele Sprachen übersetzt sind. Sein Leben und Werk haben viele Schriftsteller und Künstler inspiriert, unzählige Monografien wurden veröffentlicht, Film- und Theateradaptionen und Kunstwerke entstanden.

Marie Rakušanová untersucht in der tschechischsprachigen Begleitpublikation zur gleichnamigen Ausstellung die vielfältigen Bildsprachen im Prag des frühen 20. Jahrhunderts und die Art und Weise, wie Kafka in seinem Leben und Werk mit ihnen kommunizierte. In einem kurzen Exkurs beleuchtet Alexander Klee, Kurator des Wiener Kunstmuseums Belvedere, den zeitgenössischen Kontext des Zeichenunterrichts an Haupt- und Realschulen in der Habsburgermonarchie und überlegt, was dies für Kafkas eigene zeichnerische Arbeit bedeutet haben könnte. Mit der kürzlichen Entdeckung eines bisher unbekannten, umfangreichen Konvoluts von Kafkas Zeichnungen aus dem Nachlass von Max Brod hat das Thema des künstlerischen Schaffens des Schriftstellers große Aktualität erlangt. Diese Sammlung wurde in Tschechien noch kaum gewürdigt, der Text des amerikanischen Kunsthistorikers Nicholas Sawicki (Lehigh University, Bethlehem, Pennsylvania, USA) ist die erste Studie zu diesem Thema in tschechischer Sprache. Marek Nekula, Professor für Böhmische Studien an der Universität Regensburg und einer der führenden Experten für Kafkas Beziehung zu Prag, untersucht die Erfahrungen des Schriftstellers mit dem öffentlichen Raum, in dem es zu nationalistisch geprägtem Gebrauch und Missbrauch von Bildern und Sprache kam. Den Abschluss des Buches bildet eine philosophische Betrachtung des Kunsthistorikers und Kurators des Wiener Museums im Belvedere, Miroslav Haľák.